Rupert Spira

Die separate Einheit, für die wir uns selbst halten, ist aus den Überzeugungen gemacht, die das Denken auf das Gewahrsein überträgt.

– Rupert Spira

Rupert Spira

Interview mit Rupert Spira von John David

Ich habe mich gefreut, Rupert zu interviewen und ihn in das Buch aufzunehmen, nachdem er von Francis Lucille vorgestellt worden war. Wir haben uns in Paris getroffen, um dieses Interview zu führen. Rupert ist ein liebenswerter, sanfter Mann, der in England als erstklassiger Töpfer bekannt ist. Neben den üblichen Fragen war es auch schön, über Schönheit zu sprechen.

– John David

Fragen und Antworten

Du hast uns einen tiefgründigen Diskurs über das Erwachen gegeben. Was wäre dein kurzer Rat, wenn du jemandem begegnest, der eine Leidenschaft für das Erwachen hegt?

Suchende haben oft merkwürdige Vorstellungen über den erleuchteten Zustand. Bitte beschreibe deinen typischen Tag und wie du die Welt wahrnimmst.

Sri Ramanas Ergebene waren ihm sehr ergeben und er dem Arunachala. Bitte sag etwas über Bhakti, Hingabe beim Streben nach Erwachen.

Es scheint wichtig zu sein, einen Guru zu treffen und bei diesem Guru zu bleiben. Wer ist der Guru? Was ist die Rolle des Gurus/der Guru? Wie erkennt man einen wahren Guru?

Was ist mit dem Schicksal? Erwartest du, dass die Dinge einfach passieren, oder drückst du deinen freien Willen aus und wählst?

Was ist mit Vasanas, den Tendenzen des Geistes? Müssen sie entfernt werden bevor die Selbst-Realisation dauerhaft werden kann? Ist es genug, einen sattvischen (ruhig und friedlich) Verstand zu erreichen und seine Vasanas zu kennen, damit sie mich nicht mehr binden? Wie entferne ich die Neigungen des Verstandes?

Es wurde behauptet, dass der Verstand zerstört werden muss, damit die Befreiung stattfinden kann. Hast du einen Verstand? Sri Ramana benutzte den Ausdruck “Manonasha” um den Zustand der Befreiung zu beschreiben, er meinte damit den zerstörten Verstand. Wie zerstört man den Verstand?

Als Sri Ramana gefragt wurde: “Wann wird die Verwirklichung des Selbst erlangt?”, antwortete er: “Wenn die Welt, die das Gesehene ist, beseitigt ist, wird es eine Verwirklichung des Selbst geben, das der Seher ist.” Was ist das wahre Verständnis der Welt? Wie kann man die Welt beseitigen?

Sri Ramana sagte, dass die Selbsterforschung der direkteste Weg ist, das Selbst zu erkennen. Was sagst du zur Selbsterforschung? Wie führe ich die Selbsterforschung durch?

Gibt es irgendwelche Voraussetzungen für die Erleuchtung? Ist Sadhana (spirituelle Praxis) notwendig? Und wenn ja, welche schlägst du vor?

Viele westliche Suchende kommen nach Indien, um nach Erleuchtung zu suchen, als ob es sich dabei um eine Erfahrung handelt, Was ist Erleuchtung?

Sri Ramana stellte die grundlegende Frage: “Wer bin ich?” – Wer bist du?

Rupert Spira's Lehren

Die Natur des Bewusstseins

Rupert Spira erklärt, dass Bewusstsein die grundlegende Realität unserer Existenz ist. Es ist der Hintergrund aller Erfahrungen, die ständige Präsenz, die alles weiß und erfährt und dennoch davon unberührt bleibt. Bewusstsein ist nicht persönlich, nicht lokalisiert oder auf den Körper oder den Geist beschränkt. Es ist unendlich, unveränderlich und allgegenwärtig, ähnlich wie der Himmel, der die Wolken birgt, aber nicht von ihnen berührt wird.

In seinem Unterricht betont Spira, dass wir uns fälschlicherweise für getrennte Wesen halten – einen Körper und einen Geist. Er lädt seine Schüler/innen ein, die Natur ihrer eigenen Erfahrung zu erforschen und zu erkennen, dass ihr wahres Selbst nicht der Körper oder der Geist ist, sondern das Bewusstsein, das sie bezeugt. Diese Erkenntnis führt zu einem tiefen Frieden und einem Gefühl der Vollständigkeit, da sie die Grenzen zwischen Subjekt und Objekt, Selbst und Anderem auflöst und die Einheit aller Erfahrungen offenbart.

Selbsterkundung: “Wer bin ich?”

Eine zentrale Praxis in Spiras Unterricht ist die Selbsterforschung, bei der es darum geht, die Natur des Selbst zu hinterfragen. Inspiriert von den Lehren von Ramana Maharshi ermutigt Spira seine Schüler/innen, die Frage zu stellen: “Wer bin ich?” Diese Frage ist keine intellektuelle Übung, sondern eine direkte Erkundung der eigenen Erfahrung. Das Ziel ist es, herauszufinden, dass wir kein endliches, getrenntes Selbst sind, sondern ein unendliches Bewusstsein.

Durch diese Untersuchung erkennt man allmählich, dass das getrennte Selbst lediglich eine Ansammlung von Gedanken, Gefühlen und Empfindungen ist, die das Bewusstsein überlagern. Diese Anhäufungen, die das Selbst zu definieren scheinen, werden als vorübergehend und substanzlos angesehen, so wie die Wellen auf der Oberfläche des Ozeans. Das wahre Selbst ist der riesige, unbegrenzte Ozean des Bewusstseins, der unter diesen Wellen liegt.

Die Illusion der Trennung

Eine der zentralen Ideen in Spiras Lehre ist die illusorische Natur der Trennung. Laut Spira entsteht das Gefühl, ein getrenntes Selbst zu sein, wenn sich das Bewusstsein mit Körper und Geist identifiziert. Diese Identifikation schafft die Illusion der Dualität, eines Subjekts (des Selbst) und eines Objekts (der Welt). Wenn diese Identifikation jedoch durchschaut wird, wird klar, dass es keine wirkliche Trennung zwischen Selbst und Welt gibt. Alles entsteht im Bewusstsein, und alles besteht aus Bewusstsein. Daher ist die Welt nichts, was außerhalb des Selbst liegt, sondern ein Ausdruck desselben Bewusstseins, das wir sind.

Spira verwendet oft die Metapher eines Traums, um diesen Punkt zu veranschaulichen. In einem Traum erleben wir eine Welt mit Gegenständen und Menschen, und wir glauben, dass wir selbst eine Figur in dieser Welt sind. Wenn wir aufwachen, erkennen wir jedoch, dass die Traumwelt und die Traumfigur aus derselben Substanz bestehen – unserem eigenen Geist. In ähnlicher Weise bestehen im Wachzustand sowohl die scheinbare Welt als auch das eigene Selbst aus Bewusstsein.

Die Rolle der Praxis

Obwohl Spira betont, dass Achtsamkeit immer vorhanden ist und dass man nichts tun muss, um sie zu erlangen, erkennt er an, dass viele Menschen von bestimmten Praktiken profitieren. Eine dieser Praktiken ist das, was er “Verweilen im Sein” nennt. Dabei geht es darum, einfach in dem Bewusstsein zu verweilen, dass man bereits ist, anstatt sich auf die Suche nach Erfüllung in äußeren Objekten, Beziehungen oder Erfahrungen zu begeben.

Spira betont auch, wie wichtig es ist, die eigene Erfahrung sowohl auf der geistigen als auch auf der körperlichen Ebene zu untersuchen. Auf der mentalen Ebene geht es darum, die Überzeugungen und Gedanken zu untersuchen, die das Gefühl der Trennung hervorrufen. Auf der körperlichen Ebene geht es darum, die Empfindungen und Gefühle im Körper zu erforschen, die das Gefühl hervorrufen, lokalisiert und begrenzt zu sein. Mit der Zeit löst diese Untersuchung das Gefühl auf, ein getrenntes Selbst zu sein, und enthüllt das allgegenwärtige Bewusstsein, dass wir wirklich sind.

Liebe, Glück und Frieden

In Spiras Lehre sind Liebe, Glück und Frieden gleichbedeutend mit Bewusstsein. Diese Qualitäten müssen wir nicht suchen oder erlangen; sie sind die natürlichen Eigenschaften unserer wahren Natur. Das Problem, so Spira, ist, dass wir Glück, Liebe und Frieden in äußeren Objekten, Menschen und Umständen suchen. Diese Dinge können uns jedoch nicht dauerhaft erfüllen, weil sie alle vorübergehend sind und sich ändern können.

Wahres Glück, Liebe und Frieden finden wir im Inneren, in der einfachen Erkenntnis unseres eigenen Seins. Wenn wir erkennen, dass wir das Bewusstsein selbst sind, erfahren wir ein tiefes Gefühl der Vollständigkeit und Zufriedenheit. Diese Erkenntnis beendet die rastlose Suche nach Glück in äußeren Dingen und erlaubt uns, im Frieden und der Freude unserer wahren Natur zu ruhen.

Schönheit und Kunst

Rupert Spira ist auch ein renommierter Töpfer, der häufig Verbindungen zwischen Kunst und Spiritualität herstellt. Er glaubt, dass die Erfahrung von Schönheit, ob in der Kunst oder in der Natur, ein Blick auf die nicht-duale Wirklichkeit ist. Wenn wir etwas als schön empfinden, lösen sich die Grenzen zwischen Subjekt und Objekt auf, und wir erleben für einen Moment die Einheit aller Dinge.

Spira vergleicht die Erfahrung von Schönheit mit der Erfahrung von Liebe. Beides sind Momente, in denen die üblichen Unterscheidungen des Verstandes zwischen Selbst und Anderem, Subjekt und Objekt, wegfallen und wir die nahtlose Gesamtheit der Existenz erfahren. In diesen Momenten erkennen wir die Präsenz des Bewusstseins in allem und spüren eine tiefe Verbundenheit mit dem ganzen Leben.

Das Ende des Suchens

Ein wichtiges Thema in Spiras Lehre ist das Ende der Suche nach Erfüllung. Laut Spira ist die Suche selbst die Verleugnung der Erfüllung, die wir suchen. Solange wir Glück, Frieden oder Liebe in äußeren Dingen suchen, verstärken wir den Glauben, dass diese Qualitäten in unserer aktuellen Erfahrung fehlen. Wenn wir jedoch erkennen, dass unsere wahre Natur das Gewahrsein ist, erkennen wir, dass Glück, Frieden und Liebe immer vorhanden sind, da sie dem Gewahrsein selbst innewohnen.

Das Ende des Suchens kommt, wenn wir aufhören, im Reich der Objekte nach Erfüllung zu suchen, und erkennen, dass das, wonach wir suchen, bereits hier ist, als das Bewusstsein selbst, das gerade sucht. Diese Erkenntnis bringt ein tiefes Gefühl der Ruhe und Zufriedenheit mit sich, da wir nicht mehr das Bedürfnis haben, Erfahrungen oder Besitztümern hinterherzujagen, um uns zu vervollständigen.

erscheint in

Blueprints for Awakening - Europäische Meister

Europäische spirituelle Meister

John David hat vierzehn europäische spirituelle Meister interviewt. Das Ergebnis ist ein Kompendium erstaunlicher Weisheit über das größte Geheimnis aller Zeiten: die Natur unseres Wahren Selbst und wie wir es erkennen können.

Dieses Buch beantwortet alle Fragen der spirituellen Suche und ist für alle, die eine innere Leidenschaft haben, herauszufinden, wer sie sind.

Europäische Spirituelle Meister von John David Buchcover
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Das Buch ist auf Englisch und Deutsch, als Ebook und Taschenbuch erhältlich.

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Biographie

1960: Rupert Spira wird in England geboren. Er wuchs in einer großen, eng verbundenen Familie auf und fühlte sich schon früh zu philosophischen und spirituellen Fragen über die Natur der Existenz hingezogen.

1975: Im Alter von 15 Jahren stieß Spira auf die Gedichte von Rumi, die ihn zutiefst berührten. Dies war der Beginn seines Interesses an Spiritualität und Non-Dualität. Bald darauf traf er Dr. Francis Roles, der sein erster spiritueller Lehrer wurde, im Colet House in London.

1977: Mit 17 Jahren begann Spira zu meditieren und tauchte tiefer in seine spirituelle Reise ein. Dies war ein entscheidender Moment, der seine lebenslange Erforschung der Natur des Bewusstseins prägte.

1980s: Spira ging bei dem renommierten Töpfer Michael Cardew in die Lehre und entwickelte eine erfolgreiche Karriere als Keramiker. Seine Töpferarbeiten wurden international anerkannt, obwohl er sich weiterhin auf seine spirituelle Suche konzentrierte.

1996: Spiras spiritueller Weg nahm eine entscheidende Wendung, als er seinen zweiten Lehrer, Francis Lucille, traf, der ihn in die non-dualen Lehren von Jean Klein und die Tradition des Advaita Vedanta einführte.

2011: Spira veröffentlicht The Transparency of Things, sein erstes großes Buch über Non-Dualität. Mit diesem Werk etablierte er sich als eine wichtige Stimme in der zeitgenössischen Spiritualität, die sich auf den “Direkten Weg” zur Erkenntnis der Natur des Bewusstseins konzentriert.

Gegenwart: Rupert Spira lehrt weiterhin weltweit Non-Dualität durch Bücher, geführte Meditationen und Retreats. Er lebt in Oxford, Großbritannien, wo er weiterhin die Natur der Realität erforscht und lehrt.

Es ist sehr inspirierend, eine längere Zeit mit einem Lehrer zu verbringen, der diese unpersönliche Qualität der Liebe besitzt. Wir lernen, wie man unpersönliche Freundschaften führt, zuerst mit unserem Lehrer, dann mit jedem. Wir lernen, dass Liebe etwas zutiefst Intimes und gleichzeitig wahrhaftig unpersönlich ist. Das hat einen tiefgreifenden Effekt auf unsere Beziehungen, egal, ob es sich dabei um eine intime Liebesbeziehung handelt oder nicht.

– Rupert Spira

Erleuchtung ist die Erfahrung, dass das, was wir sind, unbegrenzte, ungebundene Präsenz, Bewusstsein oder Gewahrsein ist.

- Rupert Spira